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07.11.2024

Stellungnahme zum Zuger Waldgesetz

Auswirkungen des Biken auf die empfindlichen Wild- und Vogelarten in den Naturschutz- und Waldnaturschutzgebieten sowie empfohlenen Wildruhegebieten

Gemäss neuem Waldgesetz soll das Biken im Wald auf die im Richtplan bezeichneten Wege beschränkt werden. Dies ist zweifellos richtig, denn die Zunahme der Biker, die viel grössere Reichweite durch E-Bikes sowie die Ausrüstung mit starken Licht-Strahlern führen zu einer markanten Steigerung der Störungen empfindlicher Tiere im Wald. Diese treten vermehrt auch in der Nacht auf. Durch die hohen Tempi beim abwärts fahren werden die Tiere extrem überrascht, was zu panikartigem Fluchtverhalten führt. Die Störung der Wildtiere und Vögel durch Biker ist deshalb auch wesentlich stärker als diejenige durch Spaziergänger/Wanderer, die auch nachts viel weniger häufiger unterwegs sind.

Die meisten der in der Richtplananpassung 23/1 vorgeschlagenen Bike-Routen liegen im Berggebiet des Kantons. Viele dieser Routen durchqueren rechtskräftige Schutzgebiete wie Moorlandschaften von nationaler Bedeutung, Moore von nationaler Bedeutung, kantonale Naturschutzgebiete oder kantonale Waldnaturschutzgebiete. Die Ziele dieser Schutzgebiete umfassen u.a. den Schutz von (gefährdeten) Tierarten vor Störung.

Beispiel Gutschwald im Höhronengebiet

Das Waldnaturschutzgebiet Gutschwald ist das grösste Waldnaturschutzgebiet des Kantons. Es wird vollständig überlagert von der empfohlenen Wildruhezone 14.1. Die waldbaulichen Massnahmen in diesem Waldnaturschutzgebiet werden hauptsächlich auf die Förderung des Auerhuhns ausgerichtet. Dieses ist gemäss Roter Liste in der Schweiz «stark gefährdet» und kommt im Kanton Zug nur in zwei Waldgebieten vor. Das Auerhuhn gilt sodann als Schirmart, sein Vorkommen zeigt zuverlässig die Präsenz anderer seltener und gefährdeter Gebirgswaldvögel. Im Gutschwald sind dies Haselhuhn, Waldschnepfe («verletzlich» gemäss Roter Liste), Sperlingskauz, Dreizehenspecht und Ringdrossel (verletzlich gemäss Roter Liste). Störungen durch den Menschen können Auerhuhn-Populationen ohne Zweifel stark negativ beeinflussen. Es sollten deshalb in Auerhuhn-Lebensräumen keine Infrastrukturanlagen erstellt werden, die stetige oder massive Störungen verursachen.

Die Verbreitung des Auerhuhns im Gutschwald konzentriert sich explizit auf den Gratbereich (welcher neu mit einer Bike-Route erschlossen werden soll) bis hinunter zur Gutschwaldstrasse (welche neu als Veloroute bezeichnet ist). Geht man von einer Fluchtdistanz des Auerhuhns von durchschnittlich 50m aus, wird dieser Waldstreifen von ca. 250m Breite wegen der Störungen vom Auerhuhn nur noch etwa zu 60% genutzt werden können.

Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, wenn mit den vorliegenden Richtplan-Anpassungen eine neue Bikeroute und eine neue Veloroute in dieses Waldnaturschutzgebiet hineingeführt werden. Nicht nur wäre die in den letzten Jahren erfolgte Wiederbesiedlung des Gebietes durch das Auerhuhn gefährdet, auch die Gelder aus dem Waldnaturschutz zur Förderung des Auerhuhns könnten ihr Ziel nicht erreichen.

Weitere kritische Bikerouten

Für die unten aufgelisteten Gebiete ergeben sich ähnliche Konstellationen wie sie im Fallbeispiel Gutschwald dargestellt sind. Zwar leben in diesen Gebieten keine Auerhühner, jedoch andere störungsanfällige Arten wie der Feldhase und/oder die Waldschnepfe (beide «verletzlich» gemäss Roter Liste). Der Bestand des Feldhasen ist bekanntlich im Kanton Zug in den letzten 20 Jahren förmlich eingebrochen wie die Hasenzählungen des Amtes für Wald und Wild zeigen. Auch die Waldschnepfe ist in ihrem Bestand seit 1980 um mehr als 50% zurückgegangen. In all diesen Gebieten sollen Wege in empfohlenen Wildruhezonen als Bikerouten einseitig eingeführt werden. In drei Fällen sind Moorlandschaften von nationaler Bedeutung betroffen, in denen die Kantone seit dem Jahr 2000 explizit dafür sorgen müssen, dass die touristische Nutzung und die Nutzung zur Erholung mit den Schutzzielen (u.a. Rote Liste-Arten) in Einklang stehen (Art 5 und 6 der Moorlandschaftsverordnung):

Waldnaturschutzgebiet Vorderes Hürital / Naturschutzgebiet Vorderes Hürital: Die Bikeroute zwischen Alplistrasse bei Flutten/Blimoosgschwanten und Stutzhüttli/Hüribach (Pt. 813) führt mitten durch das Blimoos und dürfte talwärts zur Raserstrecke werden.

Waldnaturschutzgebiet Rämsel-Hafenbach / Naturschutzgebiete Hafenbach-Elsisried und Rämselbach: Die Bikeroute durchquert und tangiert die erwähnten Naturschutzgebiete und das Waldnaturschutzgebiet auf der ganzen Länge.

Moorlandschaft Unterägeri, Waldnaturschutzgebiet Zigermoos, Naturschutzgebiet Zigermoos, Naturschutzgebiet Tubenloch / Naturschutzgebiet Chnodenried

Moorlandschaft Zugerberg / Naturschutzgebiet Eigenried / Naturschutzgebiete Chnoden, Langmösli, Feldriedli, Naturschutzgebiet Heumoos, Waldnaturschutzgebiet Hansenbörter

Waldnaturschutzgebiet Oberalpli

Moorlandschaft Rothenthurm, Naturschutzgebiet Ägeriried, Waldnaturschutzgebiet Ägeriried

Waldnaturschutzgebiet Brämenegg, Naturschutzgebiete Brämenegg, Giregg, Zigerhüttli I

Naturschutzgebiet Rieter

Während Pro Natura beantragt hatte, dass Bikerouten durch die oben aufgeführten Schutzgebiete und empfohlenen Wildruhezonen gestrichten werden, hat die IG Moutainbike eine starke Erweiterung der zulässigen Bikerouten gewünscht. Hier muss der Kanton ein Interessenabwägung vornehmen. Der von den Bikern propagierte Slogan „Wald für alle“ muss auch für die empfindliche Tierwelt gelten.

Das mit der Festlegung von Bikerouten verfolgte Ziel – die Verhinderung von wilden Routen im Wald und die Konzentration der Biker auf bestimmte Wege – ist im Interesse aller Waldnutzenden und der Biodiversität im Wald zu begrüssen. Der Vorstand von Pro Natura Zug unterstützt deshalb die Waldgesetzrevision.